Jawad Ibrahimi aus Afghanistan hat im hr seinen Traumjob gefunden Stück für Stück das Leben weiter aufbauen

Wenn Jawad Ibrahimi sagt, dass er seinen Beruf liebt, glaubt man ihm das aufs Wort. Doch der gebürtige Afghane kann es selbst kaum fassen, dass er nach seiner Tischler-Ausbildung im hr den Gesellenbrief in der Tasche und dazu im Wettbewerb um das beste Gesellenstück den ersten Platz gemacht hat. Denn zuvor musste Jawad einen steinigen Weg gehen: Mit 15 war er ohne seine Familie nach Deutschland geflüchtet. Heute, sechs Jahre später, ist er auch beruflich angekommen.
Auf den ersten Blick ist es ein gewöhnlicher Schreibtisch. Doch mit einer kleinen Handbewegung dreht Jawad dessen Innenleben nach hinten – "und schon ist der Papierkram verschwunden. Ideal für meine Ein-Zimmer-Wohnung", lacht er. Sein selbstentworfenes Möbelstück hat die Frankfurter Schreiner-Innung überzeugt: Jawad besteht nicht nur seine Abschlussprüfung "mit Erfolg", sondern landet zudem im Sonderwettbewerb "Die gute Form" auf dem ersten Platz. Mit Holz arbeiten, kreativ sein, das ist genau sein Ding: "Schon als kleiner Junge wollte ich unbedingt Tischler werden", erzählt er, "allerdings hätte ich nicht im Traum daran gedacht, dass ich meine Ausbildung in Deutschland machen würde. Meine Freunde fragen mich immer, wie ich das bloß geschafft habe", sagt er mit einem Augenzwinkern, "es war einfach Glück".
Aber von vorne: Geboren wurde Jawad vor 21 Jahren in Afghanistan. "Mein Vater ist im Krieg ermordet worden, mit meinen Schwestern und meiner Mutter bin ich in den Iran geflüchtet. Sie wollte eine bessere Zukunft für mich und hat mich zusammen mit einem Freund über die Balkanroute nach Deutschland geschickt." In ein völlig fremdes Land. "Mit 15 ist das nicht gerade einfach, aber so ist nun mal das Leben", sagt er.
Gleich nach seiner Ankunft in Frankfurt lernte Jawad monatelang Deutsch, nicht mal ein Jahr später machte er seinen Hauptschulabschluss und begann eine Tischlerausbildung in einem Familienbetrieb. "Hier hat es mir aber gar nicht gefallen, das Berufsbildungswerk der hessischen Wirtschaft hat einen neuen Ausbildungsbetrieb für mich gesucht, und so bin ich zum hr gekommen."
Elke Kunze von der Personalentwicklung war die erste, mit der Jawad im hr Kontakt hatte: "Nach zwei Probetagen in unserer Schreinerei stand fest: Wir wollen ihn haben. Schon einige junge Geflüchtete haben bei uns ihre Ausbildung gemacht, sie waren alle sehr engagiert, haben ihre Chance erkannt und genutzt."
Schon seit Jahren bringt sich der hr in Projekten ein, die sich um die berufliche Integration von Geflüchteten kümmern. Was die alltägliche Zusammenarbeit mit den jungen Menschen angeht, gebe es schon mal Anfangsschwierigkeiten, es brauche Geduld und gegenseitiges Verständnis, doch das lohne sich allemal: "Wir alle lernen voneinander, in fachlicher oder auch in kultureller Hinsicht. Ein großer Mehrwert für die Geflüchteten und für uns."
Neben Jens Hagemann war Sebastian Häfner Jawads Ausbilder im hr: "Wir sind richtig stolz auf Jawad", sagt er stellvertretend für das ganze Schreinerei-Team, "dann auch noch unter Pandemiebedingungen einen so guten Abschluss hinzulegen, muss ihm erstmal einer nachmachen. Die anfänglichen Sprachschwierigkeiten sind längst kein Problem mehr, und er ist einfach ein toller Kollege."
Auch Jawads Mutter freut sich mit ihrem Sohn, den sie kürzlich erstmals nach dessen Flucht im Iran wiedergesehen hatte. "Wenn wir allerdings sehen, was da gerade in unserem Heimatland Afghanistan geschieht, sind wir einfach nur traurig und total hilflos", sagt Jawad. Er befürchtet, dass seine Familie eines Tages wieder dorthin abgeschoben werden könnte.
Doch Zeit zum Grübeln bleibt ihm wenig, gerade hat er einen zweijährigen Anschlussvertrag bekommen, um in der hr-Schreinerei noch mehr Berufserfahrung zu sammeln. Er hat zwischenzeitlich einen Unterschrank für eine Holzfräse gebaut und auch der nächste Filmdreh, bei dem ein Requisit aus der Schreinerei benötigt wird, lässt vermutlich nicht lange auf sich warten. "Ich freue mich auf das, was kommt", sagt Jawad, "und ich kann Stück für Stück mein Leben in Deutschland weiter aufbauen."
Der hr bildet aus
Der hr bietet in den Fachbereichen Medientechnik, Elektrotechnik, Metalltechnik, Handwerk, Gastronomie sowie den kaufmännischen Bereichen Ausbildungsberufe für jeden Schulabschluss und vielfältige Wege für einen erfolgreichen Start ins Berufsleben an. Unsere Auszubildenden sind von Anfang an aktiv in den Arbeitsalltag eingebunden und werden dabei von qualifizierten, engagierten Ausbilderinnen und Ausbildern unterstützt. Mehr Infos: Karriere im Hessischen Rundfunk.
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