Berichterstattung live aus Hollywood Für die ARD bei den Oscars

Stars, Glanz und Glamour: hr-Korrespondentin Nicole Markwald war für die ARD bei der Oscar-Verleihung 2019 dabei. Im Interview erzählt sie von absurden Kleiderordnungen, Stars im Hinterzimmer und warum ein afrikanischer Superheld den Oscar verdient hätte.
Die Verleihung der Oscars ist ein weltweites Medienereignis. Wie sieht Ihre Arbeit als Korrespondentin vor Ort aus?
Nicole Markwald: Ein paar Tage vorher holt man sich am Veranstaltungsort, dem Dolby Theatre, seine Akkreditierung ab und bekommt gezeigt, wo der Arbeitsplatz ist. Der hat circa die Breite eines Laptops. Eine Akkreditierung für den roten Teppich haben wir nicht, sondern "nur" einen Platz im Interviewraum, wo jeder Gewinner hingeführt wird und Fragen beantwortet.
hr-Korrespondentin Nicole Markwald leitet das ARD-Auslandsstudio in Los Angeles. Zusammen mit Marcus Schuler vom BR berichtet sie über aktuelle Ereignisse von der Westküste der USA, darunter Stars- und Filmthemen aus Hollywood oder neue Entwicklungen aus dem Silicon Valley.
Ende der weiteren InformationenAm Tag der Verleihung komme ich schon am frühen Nachmittag beim Dolby Theatre an und baue mein Equipment auf. Von dort werde ich 2,5 bis 3 Stunden lang Live-Talks mit Radiosendern der ganzen ARD im 10-Minuten-Takt führen.
Die Verleihung selbst beginnt um 19 Uhr Ortszeit (2 Uhr in Deutschland) und kann unter Umständen bis zu vier Stunden dauern. Zwischendurch prasselt da ganz schön viel auf einen ein: Auf dem Bildschirm läuft die Show, auf der Bühne im Raum beantwortet ein Gewinner die Fragen der Journalisten und auf meinen Kopfhörern höre ich eine Morgensendung, in die ich gleich geschaltet werde. Aber genau das ist mein liebster Moment: wenn alles gleichzeitig passiert.
Sie sind für die Programme der ARD die Expertin vor Ort. Wie bereiten Sie sich auf diese Aufgabe vor?

Nicole Markwald: Die Vorbereitung beginnt eigentlich schon im späten Herbst – dann schicken die meisten Studios ihre Filme ins Kino, die sie als mögliche Oscar-Kandidaten sehen. Dann merkt man schon, über welche Filme am häufigsten gesprochen und geschrieben wird. Die Nominierungen für die Golden Globes Anfang Dezember bieten weitere Anhaltspunkte, welche Filme relevant sein könnten. Und dann heißt es: ins Kino gehen und so viele Filme wie möglich sehen! Zusätzlich trage ich so viele Informationen wie möglich zu den einzelnen Filmen zusammen, lese Artikel, höre Film-Podcasts, schaue mir Interviews an … Das bleibt bis zur Woche der Oscars so.
Gibt es bestimmte Vorgaben an die Journalisten?
Nicole Markwald: Da wäre beispielsweise die Kleiderordnung. Die finde ich persönlich am stressigsten. Auch wir Journalistinnen müssen in bodenlangen Abendkleidern und feinen Schuhen erscheinen, die Männer im Smoking – nicht die bequemste Arbeitskleidung. Und nicht die wärmste! Der Presseraum wird immer extrem kühl gehalten.
Was war bislang Ihr spannendstes Erlebnis bei den Oscars?

Nicole Markwald: Ich glaube nichts wird den Moment bei der Oscar-Verleihung 2017 toppen, als ganz am Ende, als der beste Film ausgezeichnet werden sollte, der falsche Umschlag geöffnet wurde und fälschlicherweise die Macher von "La La Land" statt "Moonlight" zuerst als Gewinner auf die Bühne kamen. Diese Konfusion auf der Bühne, das Chaos, der Herzschmerz – vor aller Augen – das war unvergesslich. Der Beitrag, den ich parallel zur Übertragung geschrieben hatte, musste natürlich komplett umgeworfen werden. Das war DER Moment der Oscar-Verleihung. Aber das ist ja gerade das Spannende: zu schauen, ob etwas Unvorhergesehenes passiert, etwas Überraschendes.
Welcher Film hat Ihrer Meinung nach die größten Chancen, als "Bester Film" ausgezeichnet zu werden?
Nicole Markwald: Oh je, schwer zu sagen. Ich denke, die größten Chancen hat der mexikanische Film "Roma", obwohl er schwarz-weiß ist, in Spanisch, sehr langsam – also ungewöhnlich für Hollywood-Verhältnisse. Mir ging er zu Herzen, aber ich weiß, dass andere ihn total langweilig fanden.
Wenn ich es mir wünschen könnte, würde ich allerdings wollen, dass "Black Panther" gewinnt. Der Film hat nicht nur die Massen ins Kino geholt, sondern die Geschichte eines afrikanischen Superhelden erzählt – mit fast komplett schwarzem Cast, was einfach so selten zu sehen ist. "Black Panther" hat Teile Afrikas zelebriert, die Mode, die Farben, die Musik und hier in den USA bei Afroamerikanern ein Gefühl des Stolzes ausgelöst. Aber ich habe Zweifel, dass viele der älteren Academy-Mitglieder mit mir einer Meinung sind. Zumal es das erste Mal überhaupt ist, dass ein Superhelden-Film unter die Nominierten für "Bester Film" gekommen ist.