Ein Blick in die Werkstatt Mit Liebe gemacht
Breites Lächeln, riesiger Schnauzbart und ein Paar starke Flossen: Das bin ich, Onkel Otto! Seit 60 Jahren bin ich das Maskottchen des Hessischen Rundfunks. Die meisten kennen mich wahrscheinlich als Zeichnung aus dem Fernsehen. Doch ich habe nicht nur eine zweidimensionale Seite.
Pock, pock, pock. Immer wieder ist da dieses Klopfen an meiner Hülle. Pock, pock, pock und dann ein leises Drehen und Quietschen von Metall auf Metall. Über zwanzigmal habe ich es jetzt schon gehört. Ja, ich habe mitgezählt, denn sonst wäre es etwas langweilig hier im Dunkeln. Doch halt! Ist das Licht? Ja, tatsächlich! So lange habe ich auf diesen Moment gewartet. Direkt über mir öffnet sich ein kleiner Spalt, der immer größer wird und: Zack! Auf einmal bin ich draußen und muss mich erst einmal orientieren.
Ich stehe auf einem kleinen Tisch in einem Raum mit hoher Decke. Es riecht nach Holz, Leim und Lösungsmittel. Mir gegenüber steht eine lange Werkbank auf der ein buntes Durcheinander von Farbeimern, Pinseln, Holzstücken und allerlei Werkzeug herrscht. Hier wurde ich also gemacht: in den Werkstätten des Hessischen Rundfunks. Woher ich weiß, dass ich beim hr stehe? Weil ich der Onkel Otto bin. Zugegeben, ich bin nicht der einzige. Meine Brüder werden meistens als Preise für das "Dolle Dorf" beim Hessentag verliehen. Ich aber habe in diesem Jahr eine ganz besondere Aufgabe …
"Der ist doch ganz gut geworden!"
"Der ist doch ganz gut geworden", höre ich eine freundliche Stimme sagen. Sie gehört zu einem Mann mit Lockenkopf und Brille, der mich zufrieden anlächelt. Er ist mir gleich sympathisch, denn er hat einen Schnurrbart und lächelt – genau wie ich! Der Mann heißt Georg Adam und ist Bildhauer. Er hat mich gemacht. Aber nicht nur mich, sondern alle meine Vorgänger; auch den allerersten. "Als Vorlage hatte ich nur eine Zeichnung und die habe ich dann per Hand modelliert." Aus dem ersten Ur-Onkel Otto fertigte Georg eine Silikonform an, mit der auch ich hergestellt wurde. Deshalb sehe ich auch noch genauso aus wie mein Urahn: Voller Freude halte ich meine Arme in die Höhe, mein Lächeln wird von meinem sehr breiten Schnurrbart fast überdeckt. Aber eben nur fast.
Mit meinen großen Augen schaue ich neugierig auf die Teile meiner Hülle, die Georg gerade vorsichtig auf den Boden legt. Meine Form besteht aus zwei Hälften: Innen liegen zwei flexible Silikonformen, in denen deutlich meine Vorder- und Rückseite im Negativ zu sehen sind. "Die beiden Hälften werden einfach zusammengefügt und ausgegossen", erklärt Georg, "so entsteht dann ein ganzer Onkel Otto, wie bei einer besonderen Backform." Damit die Form auch stabil ist, liegen die Silikonhälften in zwei Schalen aus hartem Epoxidharz, die miteinander verschraubt werden. Nachdem ich endlich ausgehärtet war, hat Georg die 24 Schrauben gelöst und die Stifte teilweise mit dem Hammer herausgeschlagen. Daher kamen auch die Geräusche, die ich im Dunkeln immer gehört habe.
Was zählt, sind die inneren Werte.
Genug zum Äußeren, es zählen ja die inneren Werte. Der Kunststoff, aus dem ich bestehe, wurde extra von Georg für mich angerührt. Sobald er den Kunststoff in die Form gegossen hatte, musste er anfangen, sie zu schwenken. Schließlich soll das Material bis in jede Ecke gelangen. Nicht, dass mir am Ende noch eine Fingerspitze oder Ähnliches fehlt! "Es dauert mehrere Minuten, bis der Kunststoff aushärtet", erklärt Georg. "Ohne Hilfe könnte ich die 20-Kilo-Form nicht so lange heben." Für mich fühlte sich das wie eine kleine Achterbahnfahrt an: runter, hoch, drehen, vor, zurück. Nachdem die erste Schicht ausgehärtet und durchgetrocknet war, durfte ich noch zweimal Achterbahn fahren, dann hieß es: Materialwechsel.
"Komplett mit Kunststoff gefüllt wäre die Statue zu schwer", sagt Georg, "und hohl wäre sie zu zerbrechlich. Deswegen fülle ich den Onkel Otto mit Hartschaum." Vier Durchgängen dauert das – in meine knuddelige, runde Tropfenform passt eben einiges rein.
Erst nachdem alles komplett ausgehärtet war, wurde ich von Georg aus der Zwei-Schalen-Form befreit. Jetzt mustert er mich ganz genau. Teilweise habe ich noch kleine Grate und Macken. Deshalb werde ich jetzt von oben bis unten sorgfältig abgeschliffen und geglättet. Das Schmiergelpapier kitzelt ganz schön, aber ich will ja perfekt aussehen! Nun müssen nur noch ein paar Löcher und Kratzer verspachtelt werden und dann kommt endlich Farbe ins Spiel: Ich kann lackiert werden. Ganz klassisch in den Onkel-Otto-Farben werde ich in schwarz-weiß-grauem Glanz erstrahlen. Ungefähr eine Woche hat es gedauert, mich herzustellen.
Als letztes erklimme ich mein kleines Podest: Jetzt bin ich endlich bereit für mein Abenteuer. Wann geht’s los?