Bundesbank-Präsident: "Deutschland ist nicht der kranke Mann Europas"
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel kann mit Blick auf die deutsche Wirtschaft die vielen Kassandrarufe nicht teilen. Das machte er im Interview mit der ARD-Finanzredaktion deutlich.
"Deutschland ist nicht der kranke Mann Europas", so Nagel. 2023 sei hinsichtlich des Wirtschaftswachstums sicherlich kein gutes Jahr, "aber es ist auch kein Jahr, in dem wir in einer harten Rezession unterwegs sein werden. Für 2024 stehen die Vorzeichen besser. Es wird wieder Wachstum geben."
Weiter sagte der Bundesbank-Präsident im Interview mit der ARD-Finanzredaktion, die beim Hessischen Rundfunk angesiedelt ist: "Unsicherheit in dieser Form ist nie gut für wirtschaftliche Prozesse." Es falle zum aktuellen Zeitpunkt schwer, eine wirtschaftliche Einordnung vorzunehmen. Aber genau die sei nötig, um die wirtschaftlichen Implikationen abzuschätzen, inwieweit aus diesem geopolitischen Konflikt Abstrahleffekte auf die Wirtschaft entstehen. Gerade beim Thema Energie zeige sich, wie wichtig es sei, sich breit aufzustellen bei den Energieträgern - auch um sich wirtschaftlich resilient in der Zukunft aufzustellen. Die Notenbanken hätten ein wachsames Auge auf die Situation, sagte Nagel.
Die Geldpolitik habe ein eindeutiges Mandat: Preisstabilität. Und mit ihren geldpolitischen Werkzeugen hätten die Notenbanker auch ein Mittel, dessen Wirksamkeit in der jüngsten Vergangenheit unter Beweis gestellt wurde: "Ich denke, wir haben mit den Entscheidungen der letzten zwei Jahre gezeigt, wie der EZB-Rat seiner Verantwortung, Preisstabilität herzustellen, am Ende gerecht geworden ist." Von einer zweistelligen Inflation im Vorjahr sei die Inflation knapp unter drei Prozent gefallen. "Die wichtige Botschaft ist, dass die Inflation zurückgeht, das heißt, die Geldpolitik wirkt – und das ist eine gute Botschaft", sagte der Bundesbank-Präsident im ARD-Interview. Von dem Zwei-Prozent-Ziel sei die Notenbank damit zwar noch weit weg, aber die Richtung stimme. "Die Geldpolitik wird weiter robust daran festhalten, die Inflation dann auch tatsächlich zu zwei Prozent zu führen", sagte Nagel. "Es gibt nach wie vor Faktoren, die auch Aufwärtsrisiken darstellen". Diese stünden in engem Zusammenhang mit den geopolitischen Entwicklungen, wie zum Beispiel den Energiepreisen. Darüber werde man von Sitzung zu Sitzung neu zu entscheiden auf einer neuen Datengrundlage. "Und das ist in der gegenwärtigen Situation, die sehr von Unsicherheit geprägt ist, sicherlich der richtige Ansatz."
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