Wirtschaftsminister Robert Habeck sieht sich als "Mann der Exekutive"
Über zwei Stunden stellt sich Wirtschaftsminister Robert Habeck im Podcast "FREIHEIT DELUXE" den Fragen von Host Jagoda Marinić. Es geht nicht nur um eine Halbzeit-Bilanz der Ampel, sondern vor allem auch darum, was im Spannungsfeld zwischen Politik und Gesellschaft gerade schiefläuft. Habeck und Marinić finden darauf keine einfachen Antworten.
Habeck bekannte, die Ampel-Regierung habe "in der B-Note eine glatte 6" verdient, weil sie ihre Erfolge "miserabel verkauft" habe. Zudem mache die zugespitzte politische Debatte – etwa über das Heizungsgesetz – das Handeln schwierig. Das Schema des Populismus sei, dass er die gesellschaftlichen Probleme, die zentralen Probleme, die gerade intensiv diskutiert würden, aufspüre, "um sie dann zu überzeichnen und unlösbar zu machen." Problematisch für die ganze Gesellschaft hält Habeck aber auch die "Paradoxie der Moderne", dass sich das Aufstiegsversprechen für große Teile der Bevölkerung trotz aller Anstrengung nicht mehr bewahrheitet. Viele wählten darum "den Trotz und nicht mehr die Problemlösung", weil sie daran nicht mehr glaubten.
Habeck hält Fridays For Future für die einflussreichste Bewegung seit langem
Ausführlich Thema sind außerdem die bahnbrechenden Erfolge von Fridays For Future, die Robert Habeck nicht genügend gewürdigt sieht, auch in den eigenen Reihen der Bewegung nicht. Habeck hob hervor, "dass eine junge Generation sich politisch mit allem, was sie hatte, ins Zeug geworfen und die Politik verändert hat." Die Klimabewegung habe es "geschafft, ihr Anliegen mehrheitsfähig zu machen", so Habeck. Er treffe sich regelmäßig mit deren Vertreterinnen und Vertretern. Dabei ist er sich bewusst, dass er den Erwartungen der Bewegung bisher nicht gerecht wurde: "Die wollen mehr, die kritisieren mich, die sagen, das reicht nicht – und da haben sie auch recht." Und weiter: "Die Klimabewegung ist ein Beispiel für Erfolg und sie sollte sich nicht selbst einreden, dass es nicht so ist."
Vize-Kanzler sieht sich heute als "Mann der Exekutive"
Der Grünen-Politiker äußerte sich auch zu seiner Rolle als Minister. Er sehe sich heute als "Mann der Exekutive", zu Beginn seiner Zeit als Landesminister in Schleswig-Holstein habe es ihn noch irritiert, als "Herr Minister" angesprochen zu werden. Irgendwann habe er gemerkt, dass das einen Sinn habe, "weil ich im Amt nicht als Privatperson agiere, sondern Entscheidungen treffe." Zugespitzt sei dies in seinem jetzigen Amt auch so, wo er unter anderem für Rüstungsexporte in die Ukraine verantwortlich sei. "Das ist keine Entscheidung, die man gerne trifft", sagte Habeck. "Es ist eine Entscheidung, die ich auch als Robert gar nicht treffen möchte, weil sie permanent moralische Schuld auf einen lädt. Aber jemand muss sie treffen, sonst verliert die Ukraine diesen Krieg, und deswegen treffe ich sie halt."
"Ich habe ich mir geschworen, dieses Amt ist nicht Mittel zum Zweck für irgendetwas"
Über einen erneuten Anlauf für die Kanzlerkandidatur will Habeck nach eigenem Bekunden derzeit nicht nachdenken. Er habe am Anfang der Legislaturperiode für sich entschieden, "dieses Amt ist das wichtigste und das größte, dass du bisher hattest, und das musst du so ausüben, als wäre es dein letztes." Das Amt als Bundeswirtschaftsminister sei für ihn "nicht Mittel zum Zweck für irgendetwas". Erst dieses Amtsverständnis gebe ihm ganz große Freiheit, weil er nicht taktisch "umfragegesteuert" agieren müsse.
Pressereferentin
Janina Schmid
Telefon: +49 (0)69 155-4498
E-Mail: janina.schmid@hr.de