"Zug fällt aus" ist auf einer Anzeige im Hauptbahnhof Hannover während eines GDL-Streiks zu lesen

Die Lokführergewerkschaft GDL hat erneut zum Streik aufgerufen: Ab 22 Uhr sollen die meisten Züge stillstehen. Der Ausstand soll bis Freitagabend dauern - und der letzte in diesem Jahr sein. Die Bahn will 20 Prozent des Fernverkehrs aufrechterhalten.

Im Tarifstreit mit der Deutschen Bahn hat die Lokführergewerkschaft GDL ihre Mitglieder zu einem erneuten Streik aufgerufen. Von heute Abend um 22 Uhr bis zum Freitagabend gleicher Zeit müssen sich Fahrgäste bundesweit wieder auf Tausende Zugausfälle einstellen. Im Güterverkehr soll der Ausstand laut GDL-Mitteilung bereits um 18 Uhr heute Abend beginnen.

Zum Streik aufgerufen sind sämtliche Arbeitnehmer unter anderem in den Bereichen Fernverkehr und Regionalverkehr, ebenso die Mitarbeiter der S-Bahnen in Berlin und Hamburg. Neben der Deutschen Bahn gilt der Ausstand auch für die Regionalzug-Betreiber Transdev, AKN Eisenbahn und die City-Bahn Chemnitz.

Deutsche Bahn: "Verantwortungslos und egoistisch"

Die Gewerkschaft will so unter anderem der Forderung nach einer Arbeitszeitsenkung für Schichtarbeiter Nachdruck verleihen. GDL-Chef Claus Weselsky hatte die Tarifverhandlungen am 24. November für gescheitert erklärt, weil die Bahn unter anderem bei diesem Punkt bislang keinen Verhandlungsspielraum signalisierte. "Die Arbeitgeberseite mauert allerorten und ist nicht bereit, den Beschäftigten die ihnen zustehende Wertschätzung und Anerkennung für die geleistete Arbeit zukommen zu lassen", begründete die Gewerkschaft nun den erneuten Streik.

Die Deutsche Bahn reagierte mit scharfer Kritik. "Die Lokführergewerkschaft vermiest Millionen unbeteiligten Menschen das zweite Adventswochenende. Ein Streik so kurz nach dem Wintereinbruch und so kurz vor dem Fahrplanwechsel ist verantwortungslos und egoistisch", sagte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler. "Anstatt zu verhandeln und sich der Wirklichkeit zu stellen, streikt die Lokführergewerkschaft für unerfüllbare Forderungen. Das ist absolut unnötig."

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Warnstreik plus Wintereinbruch

Die Deutsche Bahn will während des Warnstreiks erneut rund 20 Prozent des Fernverkehrs aufrechterhalten. "Das wird im Raum München noch nicht wirklich klappen", sagte Bahnsprecher Achim Stauß am Morgen in Berlin mit Blick auf das Schneechaos in Bayern. Im Regionalverkehr erwarte die Bahn aufgrund des Warnstreiks große Unterschiede je nach Region.

In Bayern werde der Verkehr aufgrund der Witterung weitgehend zum Erliegen kommen. Anderswo sei das nicht der Fall, betonte Stauß. Im Güterverkehr gebe es aufgrund des Wintereinbruchs im Süden Deutschlands bereits jetzt einen Stau von mehreren hundert Zügen. Die Bahn empfiehlt ihren Fahrgästen erneut, Reisen zu verschieben oder auf Fahrten am Donnerstag und Freitag zu verzichten.

Kritik an der Kurzfristigkeit

Der Fahrgastverband Pro Bahn kritisierte die Kurzfristigkeit der Streikankündigung durch die GDL. "Wir möchten, dass zwei Tage vorher bekannt gegeben wird, wann gestreikt wird, damit sich der Fahrgast darauf einstellen kann", sagte der Bundesvorsitzende Detlef Neuß der Nachrichtenagentur dpa. Im jüngsten Fall sei es nur ein Tag. "Da wünschen wir eine längere Vorlaufzeit, damit Homeoffice mit dem Arbeitgeber vereinbart oder eine Fahrgemeinschaft gebildet werden kann."

Außerdem seien freitags viele Reisende unterwegs, die über das Wochenende in den Urlaub oder nach Hause fahren. Die Auswirkungen des Warnstreiks würden sich wahrscheinlich auch noch in den Samstag hineinziehen. Neuß betonte zugleich: "Wir stellen das Streikrecht nicht infrage."

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GDL: Keine weiteren Streiks bis zum 7. Januar

Zuletzt hatte die GDL bei der Bahn am 15. und 16. November gestreikt. Bei dieser 20-stündigen Arbeitsniederlegung fielen gut 80 Prozent der eigentlich vorgesehenen Fernverkehrsfahrten aus. Im Regionalverkehr waren die Auswirkungen in manchen Bundesländern noch deutlicher, in einigen Regionen fuhr zeitweise quasi kein Zug und kaum eine S-Bahn.

Parallel zum Abbruch der Verhandlungen Ende November hatte die GDL eine Urabstimmung für einen unbefristeten Ausstand in die Wege geleitet. Wie Weselsky nun sagte, will die Gewerkschaft nach dem kommenden Ausstand in diesem Jahr nicht mehr streiken. "Wir werden jetzt diese Streikaktion am Donnerstag und Freitag durchführen, und es ist für dieses Jahr die letzte", sagte er dem MDR. "Anschließend kommt die Urabstimmung und die Auszählung am 19. Dezember. Und es wird keine Arbeitskampfaktionen mehr geben, auch in der ersten Januarwoche nicht." Bis zum 7. Januar sei daher kein weiterer Warnstreik zu befürchten.

Die GDL fordert für Schichtarbeiter eine Arbeitszeitverkürzung von 38 auf 35 Stunden pro Woche, dazu 555 Euro mehr im Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie. Die Bahn hat bisher eine elfprozentige Entgelterhöhung bei einer Laufzeit von 32 Monaten sowie die geforderte Inflationsausgleichsprämie angeboten. Das hatte die GDL als unzureichend abgelehnt.

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Aufruf des dbb

Mit dem erneuten Warnstreik-Aufruf ignoriert die GDL offenbar auch den Aufruf des Beamtenbundes (dbb), sich hinsichtlich der Verhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder abzustimmen. "Es wäre ein Unding, wenn unsere Aktionen durch Streiks der eigenen Mitgliedsorganisation torpediert würden", hatte der dbb-Vorsitzende Ulrich Silberbach kürzlich der "Stuttgarter Zeitung" gesagt.

Die Verhandlungen für den öffentlichen Dienst sind für heute und morgen in Potsdam angesetzt. Die GDL ist Mitglied des dbb.

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