Ein Mietshaus mit mehreren Balkonen, auf denen zum Teil Satellitenschüsseln angebracht sind.

Hessens Wohnungsbauunternehmen blicken mit großen Sorgen auf die kommenden Jahre. Zu diesem Ergebnis kommt eine nicht repräsentative Umfrage des Hessischen Rundfunks, an der sich 42 Wohnungsbauunternehmen aus Hessen beteiligt haben.

85 Prozent beurteilen die aktuelle Geschäftslage im Vergleich zum Jahr 2020 als "schlechter" oder "deutlich schlechter". 70 Prozent haben Finanzierungsschwierigkeiten. Mieten für Neubauten sind demnach bereits um mehr als 50 Prozent gestiegen, Trend weiter steigend. Die Krise wird vor allem die Lage beim sozialen Wohnungsbau weiter verschärfen, so die Einschätzung der Unternehmen. Die Umfrage ist Teil eines hr-Thementags, der auf allen Ausspielwegen veranstaltet wird. 42 Unternehmen haben an der Umfrage teilgenommen, sie verfügen zusammen über rund 270.000 Wohnungen, in denen insgesamt rund eine Million Menschen leben. 

Erkenntnisse aus der Umfrage:

Die Mieten explodieren 

Mussten die Mieter dieser 42 Unternehmen 2020 noch durchschnittlich 9,50 Euro pro Quadratmeter für ihre Mietwohnung im Neubau bezahlen, so waren es 2023 14,46 Euro. Eine Kostensteigerung von 52 Prozent innerhalb von drei Jahren. Mietpreise von mehr als 20 Euro pro Quadratmeter ist die Prognose für 2024 vieler Wohnungsbauunternehmen in Hessen. Diese Zahl bezieht sich nicht nur auf die traditionell schon immer hochpreisige Rhein-Main Region, sondern auf Hessen insgesamt.  

Die Gemeinnütziges Siedlungswerk GmbH Frankfurt erklärte im Rahmen der hr-Umfrage dazu: "Gestiegene Zinsen, hohe Baukosten und Anforderungen an Neubauten bei gleichzeitig unzureichenden öffentlichen Förderprogrammen führen dazu, dass Wohnungsbau derzeit kaum wirtschaftlich zu betreiben ist. Aktuell vermieten wir zu 16 €/m². Die Kalkulation eines Ende November 2023 kalkulierten Neubaus ergab etwa 20 €/m²."

Die bauverein AG Darmstadt erklärte im Rahmen der Umfrage dazu: "Der Wohnungsbau in Deutschland steckt in einer tiefen Krise, wie wir sie seit Jahrzehnten nicht hatten. Neubauten müssten nach heutiger Kalkulation im Schnitt mit mehr als 24,00 €/m² Wohnfläche vermietet werden, um ein vergleichbares Ergebnis wie noch vor 2 Jahren zu erzielen."

Die Krise am Baumarkt geht weiter 

Der hr-Umfrage zufolge haben die beteiligten hessischen Wohnungsbauunternehmen 2020 noch 788,38 Millionen Euro in Neubauten investiert, 2023 waren es nur noch 480,57 Millionen, ein Einbruch um knapp 40 Prozent. Die Unternehmen rechnen mit einem Rückgang ihrer Investitionen in Neubauten bis 2025 auf 430,6 Millionen Euro.  

Im Rahmen der Umfrage des Hessischen Rundfunks erklärte die Nassauische Heimstätte Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH:  
"In unserer Projektentwicklung und Neubauplanung stellen wir fest, dass sich diese zunehmend weniger rentabel gestalten oder sogar gänzlich unrentabel werden. Immer häufiger müssen wir Projekte zurückstellen, weil diese sich wirtschaftlich nicht abbilden lassen. Die Hauptbotschaften sind damit klar: Der Neubau rentiert sich nicht mehr."  

Die Gemeinnützige Wohnungsbau GmbH Marburg-Lahn sagt: 
"Wir mussten in der Finanzierung immer wieder nachjustieren. Geplante Projekte, die hinsichtlich der Finanzierung aber schon vor 2020 grenzwertig waren, sind gestrichen worden."

Die Pläne der Bundesregierung sind nicht umsetzbar

Auf die Frage: "Die Bundesregierung hat als Ziel 400.000 neue Wohnungen pro Jahr ausgegeben, glauben Sie, dass ist zu schaffen?", haben insgesamt 17 Unternehmen schlicht mit "Nein!" geantwortet. Keines der insgesamt 41 Unternehmen, die auf diese Frage geantwortet haben, hat eine positive Reaktion gezeigt. Die klare Forderung der Unternehmen: Die Politik muss die Krise auf dem Wohnungsmarkt in den Griff bekommen, um den gesellschaftlichen Frieden zu sichern.  

 Im Rahmen der Umfrage erklärte die GWH Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft mbH Hessen: "Sämtliche Rahmenbedingungen sind aktuell negativ. An die politischen Impulse glaubt die Branche nicht. Uns würde eine Verbesserung des Zinsumfeldes helfen, entweder Zinssenkungen oder Förderprogramme. Angesichts der zahllosen Richtlinien auf sämtlichen Regelungsebenen ist dies aber nicht zu erwarten. Ein wesentliches Problem ist zudem, dass zu wenig Personal in den Bauämtern vorhanden ist und keine Entscheidungskultur besteht."

Die Gemeinnützige Wohnungsbau GmbH Rüsselsheim sagt: "Die Wohnungswirtschaft braucht verlässliche und adäquate Förderbedingungen. Permanente Verschärfungen oder Reduzierung von Mitteln, die zu Mehrbelastungen führen, hemmen die Investitionskraft."

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