Jugendliche sind von hinten mit Schirmen in der Hand zu sehen.

Am Wochenende soll es regnen – es gibt also gutes Wetter. Im Hinblick auf den Klimawandel fordern Kritiker diese Formulierung von den Medien. Im hr findet sich derzeit das Wetterkompetenzzentrum der ARD zusammen, daher haben wir bei Wetter-Redakteur Wolfgang Rossi nachgefragt, wie er die Kritik einschätzt.

Wenn die Sonne scheint, und das Thermometer über 20 Grad Celsius anzeigt, sprechen die meisten Menschen von "gutem Wetter". Was denken Sie: Woher kommt diese Angewohnheit?

Wolfgang Rossi: "Es ist so: Sonnenschein löst bei uns hormonelle Veränderungen aus. Da wird Dopamin und Serotonin ausgeschüttet und wir fühlen uns gut. Das ist ein chemischer Prozess, da können wir nix für. Dazu kommt, dass wir in den Sommerferien sechs Wochen lang Freizeit haben, und es so warm ist, dass wir viel draußen unternehmen können. Damit haben wir eine psychische Verbindung zu einem positiven Effekt und sind schon früh darauf geeicht, dass sonniges Wetter schönes Wetter ist. Bei Regen gibt es diese hormonelle Geschichte nicht, und wir verbinden auch weniger gute Erlebnisse mit dieser Wetterlage. Im Gegenteil: Als Kind wird uns bei Regen gesagt "Du darfst nicht raus", "Du musst heute drinnen bleiben" und "Du machst Dich schmutzig". All das führt dazu, dass wir Sonnenschein als gutes Wetter bezeichnen."

Sollten wir künftig also einfach Regenwetter als gutes Wetter bezeichnen?

hr-Wetter-Redakteur Wolfgang Rossi

Rossi: "Sonnenschein und hohe Temperaturen sind derzeit kein förderliches Wetter, das stimmt. In jüngster Zeit ist vielen Menschen klarer geworden: Regen ist wichtig. Weil sonst die Pflanzen austrocknen, die Waldbrandgefahr steigt, und auch die Regentonne leer bleibt. All das lernen viele gerade, und deshalb pochen sie darauf, zu sagen: Regenwetter ist gutes Wetter. Ich finde diese ganze Aufregung aber ein bisschen überzogen. Es ist doch keiner so dämlich zu denken, dass man das ganze Jahr nur Sonnenschein braucht. Natürlich ist Regen wichtig. Aber ich finde, man sollte sich dennoch weiterhin über Sonnenschein und angenehme Temperaturen freuen dürfen."

Wie geht die Wetterredaktion des hr in der Präsentation in Fernsehen, Hörfunk und Internet damit um?

Rossi: "Ich kann da nur von den von uns selbst produzierten Sendungen sprechen. In der reinen Wettervorhersage, also allem, was als reine Nachricht verbreitet wird, findet gar keine Wertung statt. Nur in den moderierten Sendungen ist das ein Thema, also zum Beispiel bei "alle wetter!". In diesen Sendungen ist es aber auch wichtig, die Menschen dort abzuholen, wo sie sich derzeit befinden und Stimmungen aufzugreifen. Das ist der Job eines Moderators, einer Moderatorin. Und wenn die Sonne scheint, und es warm draußen ist, dann ist die Stimmung gut, also greifen wir das auf. Wir reden über alles: Wenn es stürmt, reden wir drüber. Wenn Hochwasser ist, reden wir drüber. Und wenn die Sonne scheint, und sich die Leute freuen, dann reden wir auch darüber. Wir thematisieren in unseren Sendungen immer auch die Kehrseite der Medaille, aber das merken manche offenbar gar nicht. Das ist dann der Punkt, an dem es ärgerlich wird: Wenn anhand von unvollständigen Informationen einfach behauptet und kritisiert wird, wir würden "immer nur" ein bestimmtes Wetter, wie eben Sonnenschein, favorisieren.  Aber es gibt ja auch "die anderen" unserer Nutzer – und das sind die meisten: Die haben einfach so viel Kompetenz, dass sie die Informationen über das Wetter für sich einordnen können. "