Behindertengerechte Arbeitsplätze Selbstverständlich barrierefrei!
Rund 270 Menschen mit Behinderung arbeiten im Hessischen Rundfunk, fast 7,5 Prozent der festangestellten Beschäftigten sind schwerbehindert. Der Hessische Rundfunk unternimmt viel für Barrierefreiheit am Arbeitsplatz. Ein Funkhaus mit Noppen, Warnblitzern und sprechender Software? Ja, selbstverständlich!
Wenn die gehörlose Kollegin etwas besprechen möchte, ruft sie einfach an. Ja, das geht! Nummer des "Telesign-Dienstes" vorwegwählen, schon erscheint auf dem Bildschirm der Gebärdensprachdolmetscher und übersetzt: "Hallo, ich habe eine Nachfrage …" Der Dolmetscher leiht der Gehörlosen seine Stimme und gebärdet die Aussagen der angerufenen hörenden Kollegin.
Gehörlos die Personalversammlung mitverfolgen? Geht auch! Direkt vorm Podium im hr-Sendesaal sitzen Dolmetschende, die das Gesagte in Gebärdensprache übersetzen. In digitalen Schalten sehen gehörlose oder hörgeschädigte Mitarbeitende die Übersetzung in Gebärdensprache in einem gesonderten Fenster und Dokumente werden möglichst vorab barrierefrei zur Verfügung gestellt.
Mit dem Rollstuhl eigenständig im Auto zum beruflichen Termin fahren? Das klappt. Die Mitarbeiterin nutzt ein individuell für sie umgebautes hr-eigenes Auto.
Die Webseiten des Unternehmens lesen, das ist auch für blinde und sehgeschädigte Mitarbeitende möglich, dank Screenreader und weitgehend barrierefreier Internetangebote.
Als "Barrierefreier Betrieb" zertifiziert
271 Menschen mit Behinderung arbeiten im Hessischen Rundfunk, 135 dieser Beschäftigten sind schwerbehindert. Die Beschäftigungsquote von schwerbehinderten Mitarbeitenden im hr beträgt 7,45 Prozent, das ist mehr als die gesetzlich vorgeschriebene Quote von fünf Prozent vorsieht (Stand: 31.12.2023). Gemeinsam haben die Geschäftsführung und der Intendant sowie die Schwerbehindertenvertretung und der Personalrat bereits im Jahr 2015 eine Inklusionsvereinbarung beschlossen. Im Jahr 2000 wurde der Hessische Rundfunk vom Sozialverband VdK als "Barrierefreier Betrieb" für mobilitätseingeschränkte Menschen zertifiziert.
Inzwischen ist das Verständnis für Barrierefreiheit und Inklusion im hr ein viel größeres geworden: Das Ziel, an dem alle Mitarbeitenden gemeinsam arbeiten, ist die Teilhabe aller Menschen mit verschiedenen körperlichen oder kognitiven Einschränkungen oder neurodivergenten Besonderheiten – für ein selbstverständliches faires Miteinander mit gleichen Chancen und Möglichkeiten, die eigenen Potentiale einzubringen. So ist Inklusion zudem ein wichtiger Teil des Diversity-Managements im hr, und interne Veranstaltungen und Maßnahmen rücken das Thema ins Bewusstsein aller Mitarbeitenden, auch bei der Personalgewinnung.
Dabei ist vieles notwendig, um Gebäude und Arbeitsplätze behindertengerecht einzurichten und dafür zu sorgen, dass Aspekte der Inklusion und Barrierefreiheit in möglichst allen Vorhaben und Workflows mitgedacht werden. Ansprechstelle für Betroffene wie für alle Mitarbeitenden ist dabei die hr-Schwerbehindertenvertretung mit einer Vertrauensperson sowie Stellverteter*innen. Zudem hat der hr eine Beauftragte für Inklusion.
Ausbilden in einfacherer Sprache
Um einen Arbeitsplatz auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten behindertengeeignet einzurichten, braucht es Wissen, individuelle Beratung und auch Zeit, da Anträge bei verschiedenen Kostenträgern wie den Arbeitsagenturen, dem Landeswohlfahrtsverband und der Deutschen Rentenversicherung dauern. Entscheidend sind individuelle und möglichst pragmatische Lösungen: Wenn beispielsweise eine mobilitätseingeschränkten Kostümmitarbeiterin nicht an hohe Regale im Lager herankommt und eine Leiter für sie nicht nutzbar ist, hilft ein Steigelift. Oder bei der Frage, wie ein gehörloser Kollege in den Werkstätten im Notfall gewarnt wird, wenn er die Sirene nicht hört. Nun gibt es dort Warn-Blitzlichter. Und für einen Mitarbeiter mit Lernbeeinträchtigung erstellen seine Kolleg*innen leicht verständliche Anleitungen in einfacherer Sprache. Die Möglichkeiten, die Teilhabe aller zu unterstützen, sind vielfältig: von speziellen Tastaturen und höhenverstellbaren Schwenkarmen bei der Büroeinrichtung über Drucker für die Blindenschrift Braille bis zur Teilhabeassistenz.
Sprechende Software und taktile Lagepläne
Wer durchs Frankfurter Funkhaus geht, sieht viele unterstützende Lösungen.
Für blinde und sehgeschädigte Mitarbeitende beispielsweise:
- Noppen im Boden vor Treppen, für Sehbehinderte zudem kontrastreich gestaltet
Ebenso:
- ein Lageplan in Braille-Schrift (für Gäste erhältlich an der Pforte) sowie im Foyer ein ertastbares, dreidimensionales Gebäudemodell zur Orientierung
- Tasten mit Blindenschrift in Aufzügen und an Kantinenkartenautomaten
- Ansagen in den Liften sowie ein Kantinenkartenautomat mit Spracheingabe
- ein möglichst barrierefreies Intranet, unter anderem mit Screenreader, Bildbeschreibungen und möglichst barrierefreien Dokumenten
- in der Kantine einen Tisch für Menschen mit Unterstützungsbedarf, an dem das Kasinopersonal serviert; eine kostenfreie und pragmatische Lösung nicht nur für Sehgeschädigte
Gebärdensprache und Warn-Blitzer
Für hörgeschädigte Mitarbeitende gibt es andere Unterstützung:
- Übersetzungen in Gebärdensprache bei Personalversammlungen, Abteilungs- und Personalgesprächen
- mit Kameras ausgestattete PCs, mit denen man den "Telesign-Dienst" mit Übersetzung in Gebärdensprache zuschalten kann
- Untertitel und und Transkripte bei Videos im hr-Intranet
- Warn-Blitzlichter für Notfälle an einigen Arbeitsplätzen
Rücksicht und Ruheräume
In allen Notfall- und Evakuierungsplänen des Hessischen Rundfunks sind Mitarbeitende mit Behinderungen besonders berücksichtigt. Das Nothelferteam ist entsprechend geschult.
Im Arbeitsalltag gibt es im hr Ruheräume, die Menschen mit und ohne Behinderung nutzen können.
Alles gut erreichbar
Menschen im Rollstuhl oder in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen benötigen:
- mehr Raum am Arbeitsplatz zum Rangieren des Rollstuhls
- Rampen an allen Eingängen und sich automatisch öffnende Türen
- Behindertenparkplätze im hr-eigenen Parkhaus
- niedrige Büroregale und -schränke, die man auch im Sitzen erreicht
- behindertengerecht umgebaute Pkws und Transporter
- barrierefreie Toiletten
- höhenverstellbare Schreibtische, wie es sie im hr inzwischen an jedem neu eingerichteten Arbeitsplatz gibt, für alle Mitarbeiternden mit und ohne Behinderung
Vorübergehend eingeschränkt, das kann jede*n betreffen
Sind andere, individuelle Hilfsmittel nötig, zieht die Büroausstattung gegebenfalls mit um, wenn Auszubildende mit Behinderung eine neue Ausbildungsstation im hr antreten. Eine gelebte Selbstverständlichkeit, die zudem allen Mitarbeitenden zugute kommen kann. Denn: Jeder Mensch kann plötzlich oder vorübergehend behindert sein – durch eine Krebserkrankung beispielsweise, durch psychische Probleme oder einen Skiunfall. Auch dann steht die Schwerbehindertenvertretung mit ihrer Vertrauensperson helfend zur Seite, unterstützt, wenn nötig, bei der Wiedereingliederung. Jeder Mensch ist anders und braucht gegebenfalls andere Hilfsmittel im Alltag. Der Hessische Rundfunk will für alle optimale Arbeitsbedingungen schaffen − egal, ob der nicht-behinderte Kollege wegen Rückenschmerzen einen Hochlehner benötigt, der Mobilitätseingeschränkte eine für ihn angepasste Tastatur oder die kleinwüchsige Kollegin eben einen behindertengeeigneten Stuhl. Selbstverständlich!